Muss meine Webseite barrierefrei sein?
Barrierefreiheit im Internet bedeutet, dass Websites so gestaltet sind, dass sie von allen Menschen – unabhängig von Einschränkungen oder technischen Hilfsmitteln – genutzt werden können. Sie ist heute ein zentraler Bestandteil modernen Webdesigns, da sie nicht nur rechtlich gefordert wird, sondern auch zu besserer Usability und Reichweite beiträgt.
Aber für wen gilt dieses Gesetz und welche Ausnahmen gibt es?
1. Öffentliche Stellen
- Bundesbehörden, Landesbehörden, Kommunen und andere öffentliche Einrichtungen sind in Deutschland schon seit Jahren verpflichtet, barrierefreie Websites und Apps anzubieten.
- Grundlage:
– BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung)
– Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/2102
- Gilt für alle Inhalte, inklusive PDF-Dokumente und Formulare.
- Fristen: Bereits seit 2019/2020 verbindlich.
2. Unternehmen / Private Anbieter
Kleine Unternehmen unter bestimmten Umsatz- und Mitarbeitergrenzen haben teils Ausnahmen, müssen aber trotzdem „angemessene Vorkehrungen“ treffen.
Bisher (Stand 2025): Private Unternehmen mussten nur dann barrierefrei sein, wenn sie z. B. im Telekommunikationsbereich tätig sind oder wenn es branchenspezifisch vorgeschrieben ist.
NEU: Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) – Umsetzung des European Accessibility Act – wird Barrierefreiheit für viele private Wirtschaftsakteure verpflichtend:
Ab 28. Juni 2025: Produkte und Dienstleistungen müssen barrierefrei sein, z. B.
- E-Commerce-Websites & Apps
- E-Books
- Ticket- und Fahrkartenautomaten
- Bankdienstleistungen (Onlinebanking)
Bestandswebsites müssen oft erst angepasst werden, wenn sie grundlegend überarbeitet werden oder neue Angebote hinzukommen.
Kleine Unternehmen unter bestimmten Umsatz- und Mitarbeitergrenzen haben teils Ausnahmen, müssen aber trotzdem „angemessene Vorkehrungen“ treffen.
„Barrierefrei“ heißt nicht nur Screenreader-freundlich.
Es umfasst u. a.:
- Tastaturbedienbarkeit
- Farbkontraste
- Untertitel/Transkripte für Medien
- Strukturierte Überschriften und semantisches HTML
- Keine zeitkritischen Interaktionen ohne Alternative
Praxisbeispiel: Muss ein Restaurant mit einem integrierten Buchungstool eine barreierefreie Website haben?
Ja – auch kleine Restaurants mit Online-Buchungssystem müssen ab 28. Juni 2025 grundsätzlich eine barrierefreie Website bereitstellen, wenn diese Buchungsfunktion als Dienstleistung für Verbraucher gilt.
1. Rechtsgrundlage
- Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) setzt den European Accessibility Act um.
- Es verpflichtet Anbieter bestimmter Dienstleistungen zur Barrierefreiheit – unabhängig von der Unternehmensgröße, wenn sie ihre Dienste öffentlich anbieten.
- Unter diese „bestimmten Dienstleistungen“ fallen u. a. Dienstleistungen im E-Commerce, Online-Reservierungen und digitale Schnittstellen zu Verbrauchern.
- Ein Online-Reservierungssystem für ein Restaurant zählt dazu.
2. Ausnahme für sehr kleine Unternehmen
- Es gibt eine Ausnahme für Kleinstunternehmen im Dienstleistungsbereich (unter 10 Beschäftigte und Jahresumsatz ≤ 2 Mio. €).
- Diese müssen nicht zwingend die Barrierefreiheitsanforderungen des BFSG erfüllen.
- Aber: Die Ausnahme gilt nicht automatisch. Es kann sein, dass:
– Förderprogramme oder Auflagen von Plattformen (z. B. Google, Lieferando, Booking-System-Anbieter) Barrierefreiheit verlangen.
– Landesgesetze oder künftige Anpassungen die Ausnahme einschränken.
Muss meine gesamte Website barrierefrei sein?
1. Gesetzliche Sicht
- Das BFSG (ab 28.06.2025) verlangt, dass die gesamte „Dienstleistung“ in ihrer digitalen Form barrierefrei ist.
- „Dienstleistung“ meint nicht nur das technische Buchungstool, sondern den kompletten digitalen Zugang zu dieser Leistung.
- Wenn die Buchungsfunktion ein integrierter Teil deiner Website ist, betrifft die Pflicht daher in der Regel die komplette Website, nicht nur die eine Seite.
2. Warum
- Nutzer müssen den Weg zur Buchung barrierefrei gehen können:
– Startseite → Navigation → Reservierungsseite
– Wenn z. B. die Navigation nicht per Tastatur erreichbar ist, ist das gesamte Angebot nicht barrierefrei – auch wenn das Tool selbst es wäre.
- Das gilt auch für wichtige Infos, die zur Buchung gehören (z. B. Speisekarte, Öffnungszeiten, Kontaktdaten).
3. Praxisbeispiel
- Nur Buchungsseite barrierefrei:
→ Besucher mit Screenreader kann Startseite nicht bedienen → kommt nicht zur Buchungsseite → Gesetzesziel verfehlt.
- Gesamte Website barrierefrei:
→ Vom Einstieg bis zur Bestätigung kann jeder den Service nutzen.
💡 Kurz gesagt:
Wenn das Buchungstool Bestandteil deines Restaurant-Angebots ist, muss mindestens der gesamte Weg zur Buchung (Navigation, relevante Inhaltsseiten) barrierefrei sein. In der Praxis ist es einfacher und sauberer, gleich die gesamte Website entsprechend aufzubauen – auch wenn das Gesetz formal nur den Dienstleistungsbereich verlangt.